Was ist eine Betreuung?
Was bedeutet "rechtliche" Betreuung?
Wenn Sie infolge eines Unfalls oder einer Erkrankung die eigenen rechtlichen Angelegenheiten nicht (mehr) selbst erledigen können und keine oder keine ausreichende Vorsorgevollmacht erteilt haben, können Sie darauf angewiesen sein, dass das Gericht einen rechtlichen Betreuer oder eine Betreuerin zu Ihrer Unterstützung bestellt. Das seit 1. Januar 2023 geltende reformierte Betreuungsrecht sichert Ihre größtmögliche Selbstbestimmung und stellt Ihre Wünsche in den Mittelpunkt aller Entscheidungen, die ein Betreuer bzw. eine Betreuerin im Rahmen des gerichtlich bestimmten Aufgabenkreises trifft und umsetzt.
Betreuung bedeutet also ausschließlich die "rechtliche Betreuung" eines Menschen.
Das "neue" Betreuungsrecht seit 2023
Mehr Selbstbestimmung
Es stärkt die Selbstbestimmung betreuter Menschen und stellt ihre Wünsche in den Mittelpunkt des Betreuerhandelns. Der Betreuer bzw. die Betreuerin hat die Angelegenheiten der betreuten Person so wahrzunehmen, dass diese im Rahmen ihrer Möglichkeiten ihr Leben nach ihren Wünschen gestalten kann (§ 1821 Absatz 2 BGB). Dazu gehört insbesondere, dass er oder sie die betreute Person dabei unterstützt, ihre rechtlichen Angelegenheiten selbst wahrzunehmen, und dass er oder sie von seiner oder ihrer Vertretungsmacht nur Gebrauch macht, soweit dies erforderlich ist. Die Betreuerin oder der Betreuer darf in keinem Fall über den Kopf einer betreuten Person hinweg entscheiden. Der Betreuer bzw. die Betreuerin muss sich durch regelmäßige persönliche Kontakte und Besprechung anstehender Entscheidungen ein Bild davon machen, welche Vorstellungen und Wünsche die betreute Person hat und was sie nicht will. Den festgestellten Wünschen der betreuten Person hat der Betreuer bzw. die Betreuerin in den gesetzlich festgelegten Grenzen zu entsprechen und die betreute Person bei deren Umsetzung rechtlich zu unterstützen. Die Pflicht zur Wunschbefolgung gilt grundsätzlich auch bei der Entscheidung des Betreuungsgerichts, wer zum rechtlichen Betreuer oder zur Betreuerin bestellt wird.
Wünsche als Maßstab für Aufsicht und Kontrolle
Der rechtliche Betreuer bzw. die Betreuerin unterliegt der Aufsicht und Kontrolle durch das Betreuungsgericht. Das neue Betreuungsrecht macht die Wünsche betreuter Menschen zum zentralen Maßstab für diese Aufsicht und Kontrolle. Die Aufsichtsführung orientiert sich seit dem 1. Januar 2023 primär am Maßstab der Wünsche der betreuten Person, §§ 1862 in Verbindung mit 1821 BGB. Damit das Betreuungsgericht die Einhaltung dieser Maxime überprüfen kann, muss es die Wünsche betreuter Menschen kennen. Mit dem Reformgesetz wurden die Anforderungen an die vom Betreuer bzw. der Betreuerin bei Gericht einzureichenden Berichte daher klarer formuliert. Diese Berichte liefern den zuständigen Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern wichtige Anhaltspunkte für die Sichtweise der betreuten Person und einen Einblick in deren persönliche Lebenssituation. So kann das Gericht prüfen, ob der Betreuer bzw. die Betreuerin die Betreuungsführung am Leitbild des § 1821 BGB ausrichtet. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Betreuer oder die Betreuerin den Wünschen der betreuten Person nicht oder nicht in geeigneter Weise nachkommt, muss die zuständige Rechtspflegerin oder der zuständige Rechtspfleger die betreute Person grundsätzlich persönlich anhören. Der Schutz höchstpersönlicher Lebensbereiche betreuter Menschen ist zudem stärker ausgestaltet als bisher. Dies gilt insbesondere für die selbst genutzte Wohnung als persönlichem Lebensmittelpunkt. Die Aufgabe dieses Wohnraums ist nach der neuen Vorschrift des § 1833 BGB grundsätzlich nur zulässig, wenn sie dem Willen der betreuten Person entspricht. Der Betreuer bzw. die Betreuerin hat die Absicht, selbst genutzten Wohnraum der betreuten Person aufzugeben, dem Betreuungsgericht unter Angabe der Gründe und der Sichtweise der betreuten Person unverzüglich anzuzeigen. Damit werden eine gerichtliche Überprüfung der beabsichtigten Wohnungsaufgabe und ggf. ein Eingreifen des Betreuungsgerichts im Rahmen der Aufsicht zum Schutz der betreuten Person ermöglicht.
Rechtliche Betreuung nur, wenn andere Hilfen nicht ausreichen
Die neuen Vorschriften stellen noch deutlicher klar, dass eine Betreuung nur eingerichtet wird, wenn andere Hilfen, vor allem nach dem Sozialrecht, ausgeschöpft sind und nicht ausreichen.
Neuer Mindeststandard für die Eignung und Qualifikation beruflicher Betreuer
Die Reform verbessert die Qualität der beruflichen Betreuung durch Einführung eines Mindeststandards für den Zugang zum Betreuerberuf. Seit dem 1. Januar 2023 werden alle beruflichen Betreuerinnen und Betreuer von der Betreuungsbehörde, in deren Zuständigkeitsbereich sich ihr Sitz bzw. hilfsweise ihr Wohnsitz befindet (Stammbehörde), registriert. Die Registrierung ist zwingende Voraussetzung für die Bestellung durch das Betreuungsgericht und für den Anspruch auf Vergütung. Als beruflicher Betreuer bzw. Betreuerin kann sich nach § 23 BtOG nur registrieren lassen, wer über die hierfür erforderliche persönliche Eignung und Zuverlässigkeit verfügt, eine ausreichende Sachkunde für die Tätigkeit nachgewiesen und eine Berufshaftpflichtversicherung für Vermögensschäden mit einer Mindestversicherungssumme von 250 000 EUR pro Versicherungsfall und von 1 000 000 EUR für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres abgeschlossen hat. Die für die Registrierung gegenüber der Stammbehörde durch Unterlagen nachzuweisende Sachkunde ist der neue Mindeststandard für berufliche Betreuerinnen und Betreuer. Sie umfasst Kenntnisse des Betreuungs- und Unterbringungsrechts, des dazugehörigen Verfahrensrechts sowie auf den Gebieten der Personen- und Vermögenssorge, Kenntnisse des sozialrechtlichen Unterstützungssystems und Kenntnisse der Kommunikation mit Personen mit Erkrankungen und Behinderungen und von Methoden zur Unterstützung bei der Entscheidungsfindung (§ 23 Absatz 3 BtOG).
Mehr Unterstützung für ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer
Das neue Betreuungsrecht stellt ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuern kompetente Ansprechpartner zur Seite. Für sie sieht es die Möglichkeit vor, mit einem anerkannten Betreuungsverein eine Vereinbarung über eine Begleitung und Unterstützung abzuschließen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Vereine führen unter anderem Betreuungen. Betreuungsvereine leisten daneben auch andere Aufgaben, zu denen gehört, ehrenamtliche Betreuer und Betreuerinnen zu gewinnen, sie in ihre Aufgaben einzuführen und fortzubilden. Ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer, die bei Bestellung keine familiäre Beziehung oder persönliche Bindung zur betreuten Person haben, dürfen in der Regel nur bestellt werden, wenn sie eine solche Vereinbarung nachweisen. Für Ehrenamtler mit familiärer Beziehung oder persönlicher Bindung zur betreuten Person ist der Abschluss einer solchen Vereinbarung möglich und im Bedarfsfall zu empfehlen. Denn hierdurch wird eine konstante kompetente Beratung und Unterstützung durch erfahrene Fachkräfte sichergestellt.
Quelle und weiterführende Informationen
Auf der Webseite des Bundesministeriums für Justiz finden Sie viele interessante Informationen. Wir haben Auszüge auf unsere Webseit übernommen. Quelle: hier klicken