Zustellung in Betreuungsangelegenheiten
Rechtswirksame Zustellung in Betreuungsangelegenheiten
Der Betreuer vertritt den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich, § 1902 BGB. Damit ist ihm generell die Rechtsmacht eingeräumt, den Betroffenen außergerichtlich zu vertreten und zwar nicht lediglich in Angelegenheiten unter Privatleuten, sondern auch gegenüber öffentlichen Behörden (Bienwald, BtPrax 2003, 71). Regelmäßig werden dem Betreuer die Aufgabenkreise „Vertretung gegenüber Ämtern und Behörden“ und „Vertretung gegenüber Sozialleistungsträgern“ übertragen. Zustellungen in verwaltungs- und sozialrechtlichen Verfahren sind dann an ihn zu richten.
Gemäß § 6 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) ist bei Geschäftsunfähigen oder beschränkt Geschäftsfähigen an den gesetzlichen Vertreter, bei Betreuten an den Betreuer zuzustellen, soweit der Aufgabenkreis des Betreuers reicht. Unter Zustellung versteht man die Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Dokuments in der in dem Verwaltungszustellungsgesetz bestimmten Form, § 2 Abs. 1 VwZG. Bescheide, die der Zustellungspflicht unterliegen, sind demgemäß an den Betreuer zuzustellen, wenn dem Betreuer der entsprechende Aufgabenkreis übertragen wurde. Der Lauf möglicher Widerspruchsfristen beginnt erst mit der ordnungsgemäßen Zustellung an den Betreuer.
In sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren nach den jeweiligen Sozialgesetzbüchern gilt gemäß § 13 SGB X entsprechendes. Wenn für das Verfahren ein Bevollmächtigter bestellt ist, also auch ein Betreuer, so muss sich die Behörde an ihn wenden, § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB X. Sie kann sich an den Beteiligten selbst wenden, soweit er zur Mitwirkung verpflichtet ist. Wendet sich die Behörde an den Beteiligten, so muss der Betreuer verständigt werden, § 13 Abs. 3 S. 2 u. 3 SGB X. Fristen, die vom Zugang einer Mitteilung abhängig sind, beginnen erst zu laufen, wenn die Mitteilung dem Betreuer zugegangen ist. Dies gilt entsprechend, wenn sich die Behörde direkt an den Beteiligten wendet. Mögliche Fristen beginnen dann erst mit dem Zeitpunkt der Verständigung des Betreuers (Krasney, Kasseler Kommentar, § 13 SGB X Rdnr. 10).
Dies bekräftigt auch die Vorschrift des § 11 Abs. 3 SGB X. Wenn für eine sozialrechtlich handlungsfähige Person (§ 36 SGB I) ein Betreuer mit dem entsprechenden Aufgabenkreis bestellt ist, so gilt § 11 Abs. 3 SGB X i.V.m. § 53 ZPO: Für dieses Verfahren steht dieser eigentlich handlungsfähige Betreute einem nicht handlungsfähigen Betreuten gleich, der Betreuer handelt für ihn. Die Handlungsunfähigkeit des Betroffenen tritt generell für das maßgebende Verfahren ein (Bienwald, BtPrax 2003, 71; Laubinger Verwaltungsarchiv 85 1994, S. 86). Somit ist festzuhalten, dass die Sozialleistungsträger, sofern ein Betreuer mit dem entsprechenden Aufgabenkreis bestellt ist, sich an den Betreuer zu wenden, im Falle der Mitwirkungspflicht diesen zu informieren haben. Erst dann beginnt der Lauf entsprechender Fristen.
Schließlich finden sich auch im Steuerrecht entsprechende Regelungen. Wenn der Betreuer mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge betraut ist, sind Steuerbescheide nur wirksam an den Betreuer bekannt zu geben (Finanzgericht Niedersachsen, Beschluss vom 11. Februar 2002, Az. 2 S 11/00; FamRZ 2003, 1511). Zustellungen sind an den Betreuer vorzunehmen, auch einfache Bekanntgaben haben an den Betreuer zu erfolgen (BFH, Beschluss vom 10. Mai 2007, Az. VIII B 125/06, FamRZ 2007, 1650).
(übernommen mit freundlicher Genehmigung der Kanzlei Scheulen aus - http://www.kanzleischeulen.de)